Meine Mastodon Feeds sind voll mit Fragen, wie das neue 49 Euro Ticket (auch als Deutschlandticket bekannt) für den öffentlichen Nahverkehr in Deutschland funktioniert. Deshalb werde ich in diesem Beitrag versuchen, alle häufig gestellten Fragen zum Ticket zu beantworten. Alle Angaben entsprechen dem Stand vom 26. Dezember 2022 – sobald wir mehr wissen, werde ich diesen Beitrag entsprechend aktualisieren.

There is also an English version of this FAQ!

 

Was ist das 49-Euro-Ticket?
Es ist ein Pauschalticket für den öffentlichen Nahverkehr – für 49 Euro können Sie einen Kalendermonat lang in ganz Deutschland mit allen Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen und Regionalzügen fahren.

 

Wann wird es erhältlich sein?
Frühestens ab dem 1. April 2023. Derzeit haben einige Verkehrsverbünde Vorbestellungssysteme eingerichtet, die aber angesichts des ungewissen Starttermins mit Vorsicht zu verwenden sind.

 

Sind 49 Euro dafür ein gutes Geschäft?
Ja. Eine Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr in einzelnen Städten kostete bisher mehr als 100 Euro, und eine Fahrkarte für Regionalzüge zwischen zwei Städten kann über 200 Euro pro Monat kosten (einige Beispiele aus Nordrhein Westfalen hier). Das senkt also die Kosten für regelmäßige Pendler in fast alle Fällen. Allerdings ist das Ticket viel teurer als das experimentelle 9-Euro-Ticket, das im Sommer 2022 für drei Monate erhältlich war – und das hat zu einiger Kritik geführt, dass das neue Ticket nicht so billig ist wie erhofft – dieser ausgezeichnete Artikel in Die Zeit erklärt dieses Problem ausführlicher. Es wird davon ausgegangen, dass das Ticket zumindest in den ersten zwei Jahren 49 Euro pro Monat kosten wird, danach könnte der Preis steigen.

 

Wird es alle bestehenden Monatskarten ersetzen?
Nein, nicht alle – vor allem nicht die Tickets, die weniger als 49 Euro pro Monat kosten, aber nur in einem engeren geografischen Gebiet genutzt werden können. Es gibt auch eine Diskussion darüber, wie man eine Version des Tickets für Geringverdiener und Studenten gestalten kann, aber das ist noch nicht geklärt. Eine gewisse regionale Differenzierung ist möglich.

Da es sich bei dem 49-Euro-Ticket um eine dauerhafte Änderung handelt, können wir davon ausgehen, dass es einige andere Monats- und Jahreskarten, die bisher erhältlich waren, vollständig ersetzen wird. In dieser Hinsicht ist es anders als das 9-Euro-Ticket, bei dem die Dinge nach dem Ende des Versuchs rückgängig gemacht wurden.

Ob es eine Art automatische Umstellung auf das 49-Euro-Ticket für diejenigen gibt, die andere Monats- oder Jahreskarten besitzen, ist ebenfalls nicht bekannt – der MVV (Verkehrsverbund in München) sagt einfach, dass die Inhaber bestehender Karten informiert werden, wenn sich die Dinge ändern, aber andere Verbünde könnten das anders handhaben.

 

Wird das Ticket nur als Abonnement erhältlich sein?
Das ist beabsichtigt, aber die genauen Einzelheiten werden noch ausgearbeitet. Es sieht so aus, als ob man ein rollierendes Monatsabonnement abschließen muss, das dann auch monatlich gekündigt werden kann. Wir wissen nicht, ob für die Beendigung des Abonnements eine Gebühr anfällt (in den FAQ von Transdev steht, dass eine Gebühr von 30 Euro anfällt, im Merkur steht das Gegenteil).

 

Wie wird das Ticket aussehen?
Wir wissen es nicht genau, außer dass Verkehrsminister Wissing immer wieder betont hat, dass das Ticket “digital” sein muss – man kann also davon ausgehen, dass es App-basierte Tickets geben wird, und zwar wahrscheinlich auch in Verbunde (wie dem VBB Berlin-Brandenburg), in denen Jahresabonnements bisher nicht in Apps verfügbar waren. Wissing hat auch darüber gesprochen, die Tickets auf bestehende Chipkartensysteme aufzusetzen (siehe dies im Handelsblatt) und die Stadtwerke Neuss haben hier etwas mehr Details. Allerdings gibt es nicht in allen Verkehrsverbunde Deutschlands Chipkartensysteme, und nicht jeder Fahrgast hat ein kompatibles Mobiltelefon für ein App-basiertes Ticket, und Wissing hat betont, dass das Ticket digital sein sollte – was vermutlich bedeutet, dass Papier keine Option ist. Wie also jemand in einem Verbund, das keine Chipkarten ausgibt und keine mobile App nutzen kann, hier abgedeckt werden soll, ist derzeit nicht bekannt. Derzeit sieht das alles sehr chaotisch aus, aber es könnte eine Chance für einen Verkehrsverbund sein, hier innovativ zu sein – jeder Verkehrsverbund, der es schafft, ein solides App-basiertes Ticket zu erstellen, das einfach zu stornieren ist, wird zweifellos zusätzliche Ticketverkäufe erzielen.

 

Kann ich mit meinem 49-Euro-Ticket Kinder oder ein Fahrrad mitnehmen?
Wahrscheinlich nicht überall, aber die genauen Regeln sind noch nicht geklärt.

Wahrscheinlich braucht jedes Kind, das älter als 6 Jahre ist, eine eigene Fahrkarte, die allerdings weniger als 49 Euro kosten könnte – aber wie das funktionieren soll, ist noch nicht bekannt, und regionale Unterschiede sind möglich.

In einigen Teilen Deutschlands werden Sie wahrscheinlich immer noch eine separate Fahrkarte für die Fahrradmitnahme benötigen, wenn auch wahrscheinlich nicht in allen – Baden Württemberg hat gerade die Fahrradmitnahme in Regionalzügen werktags nach 9 Uhr und am Wochenende ganztägig kostenlos gemacht, und in Hessen ist die Fahrradmitnahme generell kostenlos (obwohl die Regeln ziemlich verwirrend sind). Auch hier sind also in den verschiedenen Teilen Deutschlands unterschiedliche Standards zu erwarten. Unterschiedliche Regeln für die Fahrradmitnahme für Inhaber von 49-Euro-Tickets im Vergleich zu Inhabern anderer Fahrscheine könnten ebenfalls ein Problem darstellen – wurden aber noch nicht beobachtet.

 

Für welche Fahrten gilt das Ticket und für welche nicht?
Das Ticket gilt für den öffentlichen Personennahverkehr, aber in ganz Deutschland. De facto bedeutet das: Stadt- und Regionalbusse, Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen und Regionalzüge – Regionalzüge sind in den deutschen Fahrplänen meist als RB, RE und IRE kategorisiert. Fernverkehrszüge (IC und ICE sowie Flix) und Fernbusse (Flixbus usw.) sind nicht enthalten. Im Moment ist nicht bekannt, ob einige Grenzfälle – z.B. InterCity-Züge, die dennoch eine regionale Subvention erhalten, oder Touristenbahnen – einbezogen werden – prüfen Sie dies von Fall zu Fall. Die Kategorie eines jeden Zuges können Sie in der Reiseauskunft der DB überprüfen.

 

Gilt das Ticket nur für öffentliche Verkehrsmittel, die von öffentlichen Betreibern betrieben werden?
Nein. Ein großer Teil des öffentlichen Verkehrs in Deutschland wird von privaten Unternehmen betrieben, die Ausschreibungen für den Betrieb von Strecken gewonnen haben, insbesondere im Regionalverkehr. Ob eine Strecke von der Deutschen Bahn (öffentlich) oder z.B. von National Express oder Go-Ahead (privat) betrieben wird, spielt keine Rolle. Es kommt nur auf die Kategorie des Zuges an – wenn es sich um einen Regionalzug handelt, gilt das 49-Euro-Ticket. Wenn es sich um einen Fernzug (IC, ICE oder Flixtrain) handelt, gilt es nicht.

 

Ich könnte also mit diesem Ticket beliebig oft im Monat von München nach Hamburg fahren?
Ja, aber nur mit Regionalzügen. Das würde 12 Stunden mit 4 Umstiegen dauern, gegenüber etwa 6 Stunden direkt im ICE – aber ICEs sind im 49-Euro-Ticket nicht enthalten! In der Realität wird dieses Ticket eher für Kurz- und Mittelstreckenreisen genutzt – Reisen wie Berlin nach Görlitz oder Hamburg nach Westerland (Sylt) – als für Reisen von einem Ende Deutschlands zum anderen.

 

Ist ein deutschlandweites Ticket für den öffentlichen Nahverkehr sinnvoll?
Deutschland ist in Dutzende von Verkehrsverbünden aufgeteilt – und viele von ihnen sind recht klein (Karte hier). Der Wechsel von einem Verkehrsverbund in einen benachbarten bedeutete oft ein viel teureres Ticket – auch für nur ein paar Kilometer mehr. Mit dem 49-Euro-Ticket entfällt dieses Problem vollständig. Es hätte durchaus andere Möglichkeiten gegeben, das Problem zu beseitigen – und vielleicht sogar billigere -, aber der springende Punkt ist, dass dieses große Problem dank dieses neuen Tickets wegfällt. Das ist wahrscheinlich wichtiger als die Möglichkeit, das Ticket landesweit zu nutzen.

 

Gilt das Ticket auch für den grenzüberschreitenden Verkehr in Nachbarländern?
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels wissen wir nicht genau, wo es funktioniert, aber das Vorgängerticket für 9 Euro funktionierte auf einigen Strecken in die Nachbarländer – einige davon sind hier aufgelistet.

 

Wie kam es zu dieser Idee?
Angesichts steigender Benzinpreise schlug die deutsche Regierung für den Sommer 2022 eine befristete Senkung der Mineralölsteuer vor. Die Grünen (in der Regierungskoalition) stimmten dem nur zu, wenn die Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr ebenfalls verbilligt würden – und aus diesem Kompromiss entstand das so genannte “9-Euro-Ticket“: Im Juni, Juli und August 2022 war der öffentliche Nahverkehr in Deutschland für nur 9 Euro pro Monat zu haben. Der Erfolg des 9-Euro-Tickets führte dann zu einer Debatte über ein dauerhaftes Nachfolgeticket – und das ist das 49-Euro-Ticket.

 

Wie wirtschaftlich ist das?
Kurz gesagt: Es ist kompliziert. Niemand hat sich wirklich die Frage gestellt, was der beste Weg – ökonomisch oder ökologisch – ist, dies zu tun. Der politische Kompromiss, der zum 9-Euro-Ticket geführt hat, hat dann zu einer Art politischem Streit über die Frage “Was nun?” geführt, der dann zum 49-Euro-Ticket führte. Durch die Festsetzung des Preises auf 49 Euro wird ein moderaterer Anstieg der Fahrgastzahlen prognostiziert als bei einem Preis von 29 Euro (siehe z.B. dieses Argument von Greenpeace). Das Ticket soll auch für die Betreiber kostenneutral sein – die geringeren Einnahmen aus dem Ticketverkauf sollen durch den höheren öffentlichen Zuschuss ausgeglichen werden, der für den Start des Systems vereinbart wurde, so dass die Betreiber nicht darunter leiden sollen.

 

Wer kann ein 49-Euro-Ticket kaufen?
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts war dies noch nicht bestätigt, aber das 9-Euro-Ticket war für alle erhältlich – für Einwohner und Nicht-Einwohner gleichermaßen. Es ist also davon auszugehen, dass dieses Ticket nicht an einen bestimmten Wohnsitz gebunden ist. Auch Touristen sollten es kaufen können.

 

Wie kann man ein Ticket für 49 Euro kaufen?
Wir wissen es noch nicht. Die Partei von Verkehrsminister Wissing ist von der Digitalisierung besessen, daher war es ein zentraler Bestandteil der Pläne seines Ministeriums, dass das Ticket digital erhältlich sein muss – aber ob das nur digital bedeutet, ist noch nicht bekannt. Das Vorgängerticket, das 9-Euro-Ticket, war sowohl digital als auch in Papierform am Automaten oder an der Kasse erhältlich. Wissing hat auch davon gesprochen, dass es sich um eine Art Abonnement handeln soll, das aber monatlich kündbar ist – ob man dann aber eine Art Abo ausfüllen muss, um es einen Monat später wieder zu kündigen, ist derzeit nicht bekannt. Wahrscheinlich wird das Ticket nicht übertragbar sein – es muss auf den eigenen Namen ausgestellt sein, damit man es nicht an Freunde oder Verwandte ausleihen kann.

Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) hat bereits eine Art Vorverkaufssystem für das 49-Euro-Ticket eingerichtet und hat auch eine eigene FAQ. Dies könnte eine Vorlage dafür sein, wie der Ticketkauf letztendlich funktionieren wird, und da das Ticket bundesweit funktioniert, könnte man es theoretisch in Hamburg bestellen und überall benutzen. Das HVV-System erfordert jedoch Ihre Bankdaten und nicht nur die Verwendung einer Kreditkarte – aber es scheint nichts dagegen zu sprechen, ein beliebiges Bankkonto mit einem BIC/SWIFT- und IBAN-Code zu verwenden.

 

 

AKTUALISIERUNGEN
5.11.2022 – Link zu den Fahrradrichtlinien hinzugefügt und Link zum Hamburger Vorbestellungssystem eingefügt
5.11.2022 – Fragen hinzugefügt, ob das Ticket sinnvoll ist und ob es international genutzt werden kann
6.11.2022 – detailliertere Angaben zu den Tickets, die das 49-Euro-Ticket ersetzen wird, angesichts der gestellten Fragen hinzugefügt
6.11.2022 – neue Frage über die Wirtschaftlichkeit des Systems hinzugefügt und beantwortet
6.11.2022 – Zeile hinzugefügt, in der es darum geht, dass ich nicht weiß, ob die Fahrkarten automatisch durch das 49-Euro-Ticket ersetzt werden oder nicht, basierend auf dem Link zur MVV-Seite, den mir Edmund Lauterbach geschickt hat
7.11.2022 – mehr über Fahrräder hinzugefügt, angesichts der neuen Fahrradregeln in Baden-Württemberg
7.11.2022 – Link zum Die Zeit-Interview hinzugefügt
26.12.2022 – Artikel überarbeitet aufgrund der Diskussion über die Stornierung des Tickets auf Mastodon, und eine deutsche Version der FAQ veröffentlicht
10.1.2023 – Paragraph zum Thema Apps und Smartcards hinzugefügt

3 Comments

  1. Dankbarer Leser

    Nun ist es zumindest & endlich von der Bundesregierung beschlossen:
    https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regionalisierungsgesetz-deutschlandticket-2161096

  2. “…und da das Ticket bundesweit funktioniert, könnte man es theoretisch in Hamburg bestellen und überall benutzen. Das HVV-System erfordert jedoch Ihre Bankdaten und nicht nur die Verwendung einer Kreditkarte – aber es scheint nichts dagegen zu sprechen, ein beliebiges Bankkonto mit einem BIC/SWIFT- und IBAN-Code zu verwenden….”

    INFO: in der VRR-app (Verkehr Rhein/Ruhr) kann man auch mit Kreditkarte löhnen…

    Also,wenn ich das richtig verstehe, wäre das ein Traum für nahezu jeden IT-Nerd.- das zu hacken & die Fahrkarte für lau abzustauben wäre ein Kinderspiel ;D
    … Ich muss da direkt an den PayPal Bug denken bzgl der VCC-number & deren Pairing mit Google Pay! Wenn man die sich die Daten aufgeschrieben hat& Irgendwann die VCC in PayPal wieder gelöscht hat.Die nun wieder zur Verfügung stehende VCC-number wurde Irgendwann wieder einem neuen Nutzer zugewiesen. Wenn man genug VCC’s gesammelt hat konnte man nach und nach diese Datensätze durchprobieren(in Google Pay) & mit Glück hatte man recht zeitig einen Treffer und irgendeiner durfte dann für gPay Zahlungen sein PayPal Konto herhalten… das beste, soweit uns bekannt existiert der Bug immer noch…
    Naja, viel Spaß????

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